Symbolfoto Bürohaus in der Luisenstadt (Ch. Eckelt)

Die Umwandlung von Büroflächen schafft keinen bezahlbaren Wohnraum

LETZTE ÄNDERUNG am Dienstag 9. Dezember 2025 19:59 durch BV LuiseNord


„Möbliertes Wohnen auf Zeit“ und die Umwandlung von Büroflächen schafft keinen bezahlbaren Wohnraum.

Die Umwandlung von Büros in Wohnungen erscheint auf den ersten Blick als Königsweg aus der Krise des Büroflächenmarktes.

Denn leerstehende Büros gibt es in Hülle und Fülle in unseren Städten, Wohnungen dagegen sind nachgefragt wie nie zuvor in den letzten Jahrzehnten.

Rechtlich und technisch ist so eine Umwandlung aber oft kompliziert vor allem wirtschaftlich türmen sich dabei jedoch gewaltige Probleme auf. Denn die normalen Wohnungsmieten liegen weit unter denen für Büros.

Dieser Beitrag erschien als Artikel in der aktuellen Ausgabe der Stadtteilzeitung
Dieser Beitrag erschien als Artikel in der aktuellen Ausgabe der Stadtteilzeitung „ecke köpenicker“ Siehe Download-Link unten

Der Markt reagiert mit „gewerblichem Wohnen“ zu Preisen, die kaum jemand zahlen kann. Rechtlich wird Wohnraum in Deutschland grundsätzlich anders behandelt als gewerblich genutzte Räumlichkeiten. Das fängt bei den Steuern an, zudem gibt es gravierende Unterschiede beim Mietrecht, aber auch beim Baurecht.

Deshalb ist die Umwandlung von Gewerbefläche in Wohnraum grundsätzlich genehmigungspflichtig. Sie darf zum Beispiel nicht in der Nähe bestehender Lärmquellen stattfinden.

Weniger Wohnungen in der Köpenicker Straße

In der Köpenicker Straße zum Beispiel musste die Wohnungsbaugesellschaft Mitte wegen der möglichen Schallemission des gegenüberliegenden Heizkraftwerkes den Wohnungsanteil in einem geplanten Neubau reduzieren.

Im Wedding verhindert die BVG die Umwandlung eines Teils des früheren „Schillerpark-Centers“ zu regulärem Wohnraum, weil unter dem Gebäude die Gleisverbindung zum U-Bahn-Betriebshof Müllerstraße Geräusche verursacht.

Auch eine Lage direkt an Schienenverkehrswegen wie dem S-Bahn-Ring oder der Stadtbahn schließt reguläres Wohnen zumeist aus, zumindest in den oberen Stockwerken, die nicht von Lärmschutzwänden abgeschirmt werden können.

Der Verkehrslärm von Straßen dagegen hat diese baurechtliche Auswirkung nicht. Zudem sind Büros in der Regel anders geschnitten und meist wesentlich größer als Wohnungen, verfügen oft über fensterlose Räume, nur wenige Sanitäranlagen und Küchen.

Eine Umwandlung ist häufig mit hohem Aufwand verbunden, der geschaffene Wohnraum ist zumeist wenig attraktiv. Und dann lasten oft noch hohe Schulden auf dem Gebäude, die mit den Einnahmen aus normalen Wohnungsmieten kaum zu finanzieren sind.

Commercial Living, Serviced Apartments und Boarding Houses

Deshalb setzen Immobilienentwickler bei ihren Gewerbebauten inzwischen vermehrt auf „gewerbliches Wohnen auf Zeit“, manche nennen es auch „Commercial Living“, „Serviced Apartments“ oder „Boarding Houses“.

Ursprünglich zielte das Geschäftsmodell auf Businessleute, die nur vorübergehend in der Stadt weilen, aber für länger als nur ein paar Tage eine Unterkunft benötigen. Es handelt sich sozusagen um steuerlich absetzbare Apartments mit begrenzter Wohndauer, die vom Arbeitgeber finanziert werden. Und weil das in Gewerberäumen stattfindet, droht auch kein Konflikt mit dem Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum.

30, 40 … 50 Euro/Quadratmeter

Die Mieten in solchen Objekten erreichen inzwischen allerdings gigantische Dimensionen. Im Internet werden möblierte Wohnungen in Alt-Mitte schon mal für monatlich 40 bis 50 Euro pro Quadratmeter angeboten, im Wedding oder in Moabit für um die 30 Euro pro Quadratmeter, diese Mieten liegen um ein Vielfaches über denen regulärer Wohnungen.

Angeboten werden hier freilich neben Gewerbeimmobilien auch normale Mietwohnungen, die billig möbliert wurden und dann als möbliertes, überteuertes Wohnen auf Zeit dem regulären Mietmarkt entzogen werden.

Gewerbliches Wohnen darf aber nur als „vorübergehende Nutzung“ stattfinden, wobei nicht genau geklärt ist, wann „vorübergehend“ vorbei ist. Mal heißt es nach sechs Monaten, mal nach zwölf, dann wieder soll alles vom Einzelfall abhängen. Unklar ist auch, was passiert, wenn man den Nutzungsvertrag nach Ablauf dieser Frist einfach erneuert.

Die rechtliche Grauzone beim „gewerblichen Wohnen“ ist groß. Aus den aktuell leerstehenden zwei Millionen Quadratmeter Bürofläche in Berlin könnten auf diese Weise etwa 30.000 gewerbliche Wohnungen (oder 100.000 gewerbliche Mikroapartments) entstehen, bis 2027 dürfte sich dieses Potenzial auf etwa 50.000 Wohnungen steigern. Sie böten damit unserer Stadt den Platz für das Bevölkerungswachstum der letzten drei bis vier Jahre.

Wer kann sich das leisten?

Die Frage ist freilich, wer sich diese gewerblichen Wohnungen leisten kann. Berlin braucht ja nicht nur Spezialisten mit Spitzenverdiensten, sondern vor allem die Zuwanderung von Busfahrerinnen, Bauarbeitern, Pflegekräften und Gastronomiepersonal.

Nur in den wenigsten Fällen dürften diese Kräfte freilich tausend Euro im Monat und mehr für die Miete einer winzigen Wohnung zur Verfügung haben, es sei denn, sie teilen sie sich mit mehreren Arbeitskollegen.

Oder aber das Bürohaus geht vor der Umwandlung in die Insolvenz, wobei der sich der Wert der Immobilie drastisch verringert.

Geschieht das auf breiter Front, dann nennt man es „Wirtschaftskrise“.

Quelle: cs in der ecke köpenicker No 4 September Oktober 2025

Foto: Symbolbild Bürohaus in der Luisenstadt – Foto: Ch. Eckelt

Symbolfoto Klingelbrett - Ch. Eckelt
Symbolfoto Klingelbrett – Ch. Eckelt

Siehe auch: „Leerstand wächst und wächst – Die Zeit der Bürohäuser geht zu Ende“


ecke köpenicker 4 2025 Cover
ecke köpenicker 4 September Oktober 2025 – hier lesen/herunterladen

ecke köpenicker No 4 September Oktober 2025 – Lesen/Herunterladen

Alle ecken seit der Erstausgabe hier in unserem Blog

Und es gibt weitere ecken in anderen Mitte-Sanierungsgebieten:

Andere ecken 2 2025 Collage
Andere ecken 2 2025 Collage

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