Verkehrssenatorin macht Kiezblocks zum Politikum - Foto: Ch. Eckelt

Seltsam: Verkehrssenatorin macht Kiezblocks zum Politikum

LETZTE ÄNDERUNG am Freitag 22. August 2025 21:17 durch BV LuiseNord


Seltsames Spiel mit dem Bezirk Mitte – Verkehrssenatorin macht Kiezblocks zum Politikum.

Es dauert noch gut ein Jahr bis zur Wahl am 20. September 2026. Aber es scheint, als habe der Vorwahlkampf schon begonnen.

Denn anders lässt sich kaum erklären, warum CDU-Senatorin Ute Bonde am 15. Mai 2025 den Bezirk Mitte schriftlich anwies, das aus Senatsmitteln finanzierte »Modellprojekt Fußverkehr Kiezblocks in Mitte« sofort zu beenden und alle Planungen einzustellen.

Beim Koalitionspartner SPD stieß dies auf scharfe Kritik. Und in den Medien auf große Resonanz: selbst der Spiegel berichtete darüber.

Im Senat koaliert die SPD mit der CDU, in der BVV Mitte bildet die SPD zusammen mit den Grünen eine Zählgemeinschaft. In der zugrunde liegenden Vereinbarung des Modellprojekts von 2021 ist die Einrichtung von Kiezblocks fest verabredet.

Dieser Beitrag erschien als Artikel in der aktuellen Ausgabe der Stadtteilzeitung
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»Prioritär sollen einfache Maßnahmen zur Reduktion des Durchgangsverkehrs (durch Diagonalsperren, Modalfilter und /oder Einbahnstraßen) sehr schnell umgesetzt werden«, so heißt es hier.

Auch die Fraktion der Linken begrüßt die Kiezblocks, die CDU sieht sie kritisch, die AfD lehnt sie ab.

Inzwischen sind erste Kiezblocks in den Gebieten rund um die Bellermannstraße im Ortsteil Gesundbrunnen sowie um die Brüsseler und um die Sprengelstraße im Ortsteil Wedding eingerichtet.

Im Weddinger Antonkiez sowie in der Nördlichen Luisenstadt (Ortsteil Mitte) steht die Umsetzung unmittelbar bevor. Und bis zum kommenden Frühjahr sollten eigentlich ein Dutzend weitere hinzukommen.

Dazu werden derzeit insgesamt 24 Kieze im Bezirk untersucht, deren Bewohnerinnen und Bewohner zunächst online und später durch öffentliche Rundgänge eingebunden wurden.

Die Untersuchungen waren im vergangenen Jahr europaweit öffentlich ausgeschrieben worden. Fünf Bewerbungen waren eingegangen, mit einem Büro wurde ein Vertrag abgeschlossen.

So hatte die Arbeit längst begonnen, als die Senatorin plötzlich das Ende aller Planungen anordnete. Die Finanzmittel waren also schon gebunden, es wäre töricht, die Ergebnisse nicht ausarbeiten zu lassen.

Zu den 24 öffentlichen Rundgängen in den unterschiedlichen Kiezen kamen jeweils zwischen ca. 20 und über 70 Interessierte.

Kritik an den Kiezblocks kommt vor allem aus Reihen der Polizei und der Feuerwehr. Zwar können die Poller, die die Fahrbahn sperren, mit Hilfe eines geeigneten Schlüssels im Notfall umgelegt und anschließend überfahren werden. Das kostet aber Zeit. Dieser Zeitaufwand kann allerdings mit entsprechender Übung stark vermindert werden, zudem ermöglichen Durchfahrtssperren unter Umständen sogar schnellere Rettungswege, wenn nämlich auf den Hauptverkehrsstraßen auch unter Blaulichteinsatz kein Durchkommen mehr ist, die Seitenstraßen in den Kiezen aber aufgrund der Kiezblocks für Einsatzfahrzeuge benutzbar bleiben.

Die Sperren lassen sich zudem leicht wieder abbauen, wenn sich in der Praxis herausstellt, dass sie nicht die gewünschte Wirkung entfalten.

Für die Einrichtung der Sperren im Netz der Nebenstraßen sind eigentlich die Bezirke zuständig. Die Verkehrsverwaltung argumentiert jetzt, dass indirekt auch die Hauptverkehrsstraßen in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffen sind, weil diese wegen der Kiezblocks zu Stoßzeiten jetzt zusätzlich den Durchgangsverkehr durch die Kieze aufnehmen müssten.

Die Verwaltungsreform, die Berlin noch vor der Wahl beschließen will, soll eigentlich den ständigen Streit zwischen Senat und Bezirken über Zuständigkeiten beseitigen.

Weil für diese Reform die Landesverfassung geändert werden müsste, benötigt sie freilich auch die Zustimmung der Grünen oder der Linken. Deshalb fragen sich Beobachter, ob sich die umstrittene Anweisung der Verkehrssenatorin nicht eigentlich gegen den christdemokratischen Regierenden Bürgermeister Kai Wegner wendet, der diese Reform zu seinem persönlichen Anliegen gemacht hat.

Doch möglicherweise rudert die Verkehrssenatorin nun wieder zurück: Zuletzt ließ sie verlautbaren, sie sei dazu mit Mittes Verkehrsstadtrat Christopher Schriner (Grüne) »in guten Gesprächen«, um »zu einer sinnvollen Lösung zu kommen für die Bürgerinnen und Bürger in Mitte«.

Zudem habe sie »keine Lust« auf rechtliche Auseinandersetzungen. Die würden drohen, wenn bereits geschlossene Verträge betroffen wären.


Am 5. Mai 2025 bestätigte das Oberverwaltungsgericht (das OVG) die vom Bezirk im Jahr 2023 eingerichteten »Modalfilter« in der Tucholskystraße. Diese verhindern, dass Autos den Kiez zwischen Tor- und Oranienburger Straße direkt durchqueren können. Anwohner hatten gegen die Modalfilter geklagt und sich in erster Instanz sogar durchgesetzt. Das OVG gab aber nun dem Bezirk Recht.


Quelle: cs in der ecke köpenicker No 3 Juli August 2025

Foto oben: Symbolfoto – Ch. Eckelt für die ecke köpenicker 3/2025


ecke köpenicker 3 2025 Cover
ecke köpenicker 3 Juli August – hier lesen/herunterladen

ecke köpenicker No 3 Juli August 2025 – Lesen/Herunterladen

Alle ecken seit der Erstausgabe hier in unserem Blog

Und es gibt weitere ecken in anderen Mitte-Sanierungsgebieten:

Andere ecken 2 2025 Collage
Andere ecken 2 2025 Collage

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