LETZTE ÄNDERUNG am Freitag 15. August 2025 13:39 durch BV LuiseNord
Blumen liegen am Stolperstein für Margot Friedländer, die kürzlich im Alter von 103 Jahren in Berlin verstarb.
Der Stolperstein vor der Skalitzer Straße 32 markiert ihren letzten offiziellen Wohnort, bevor sie im Januar 1943 nach der Deportation ihres Bruders und ihrer Mutter untertauchte, im Frühjahr 1944 von der Gestapo verhaftet und später nach Theresienstadt deportiert wurde.
Die Wohnung in der Skalitzer Straße 3 war nicht selbstgewählt, es war eine sogenannte »Judenwohnung«.
Ab 1939 musste fast die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Berlins ihre bisherigen Wohnungen verlassen. Sie wurden als Untermieter in Wohnungen eingewiesen, in denen bereits andere Jüdinnen und Juden wohnten, und wurden so in Mietshäusern insbesondere in der Innenstadt konzentriert.
Meist waren die Zwangswohnungen der letzte Wohnort vor der Deportation und Ermordung. Ihre früheren Wohnungen samt dem zwangsweise zurückgelassenen Mobiliar wurden von »Ariern« in Besitz genommen.

Dabei waren die Kinder- und Jugendjahre von Anni Margot Bendheim, wie sie damals hieß, auch eng mit der Luisenstadt verbunden.
Sie kam am 5. November 1921 als Tochter von Arthur Bendheim und seiner Frau Auguste, geb. Gross, in Berlin zur Welt. Margots Mutter Auguste hatte bis zur Geburt ihrer Tochter einen Knopfladen in der Neuen Grünstraße in Berlin-Mitte geführt.
Ihr Mann baute das Geschäft zu einem sehr erfolgreichen Engroshandel für Knopfmaschinen und Zubehör aus, und die nun finanziell gut gestellte Familie zog von ihrer bisherigen Wohnung in der Lindenstraße in eine repräsentative 11-Zimmer-Wohnung in der Neuen Friedrichstraße (vermutlich in der heutigen Littenstraße in der Nähe der Waisenbrücke) um.
Margot besuchte von 1931 bis 1936 die jüdische Mittelschule in der Großen Hamburger Straße.
Als sich ihre Eltern 1937 scheiden ließen, verließ die Mutter mit den Kindern Margot und Ralph die große Familienwohnung, sie bezogen zwei Zimmer in der Pension Mandowsky am Ludwigkirchplatz in Charlottenburg.
Im November 1938 verlor Margot ihren Ausbildungsplatz in Berlin-Schöneberg, weil ihr Ausbilder Heinz Nathanson sein Geschäft infolge des Novemberpogroms aufgeben musste. Fortan nähte sie für den Jüdischen Kulturbund in der Kommandantenstraße 57 Kostüme.
Nach der Auflösung des Kulturbundes wurde sie 1941 zur Zwangsarbeit in den Deuta-Werken in der Oranienstraße 25, einem rüstungsrelevanten metallverarbeitenden Betrieb, verpflichtet.
Noch im selben Jahr musste sie mit ihrer Mutter Auguste und ihrem Bruder Ralph in die »Judenwohnung« in die Skalitzer Straße 32 nach Berlin-Kreuzberg umziehen.
Am 29. Januar 1943 wurden Auguste und Ralph Bendheim mit dem »27. Osttransport« nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Margot überlebte Theresienstadt und emigrierte mit ihrem Mann Adolf Friedländer 1946 in die USA. Sie starb am 9. Mai 2025 in Berlin, wohin sie im Jahr 2010 zurückgekehrt war.
Quelle: us in der ecke köpenicker No 3 Juli August 2025
Abbildung oben: Margot Friedländer Stolperstein in der Skalitzer Straße – Foto: Ch. Eckelt

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