LETZTE ÄNDERUNG am Donnerstag 2. Oktober 2025 12:37 durch BV LuiseNord
Städtebauliche Verträge im Sanierungsgebiet (Teil 3):
Das ehemalige Postfuhramt, Köpenicker Straße 131/132.
Bürohaus auf dem Hinterhof: Projekt stockt
Die Entwicklung des großen Areals zwischen der Köpenicker Straße 132 und der Melchiorstraße 9 scheint vorerst zum Stillstand gekommen. Bis in die 1990er Jahre hinein existierte hier das große Postfuhramt, seitdem liegt das Areal brach.
Doch im Oktober 2019 schloss der Bezirk Mitte einen städtebaulichen Vertrag mit einem irischen Investor zur Entwicklung des Geländes. Zwischen Herbst 2021 und Frühjahr 2022 wurden alte Remisen und Wagenhallen abgerissen, auch mit dem Bau erster Gebäude wurde schon begonnen.
Doch dann änderten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Folge des Ukraine-Krieges. Die Arbeiten wurden größtenteils eingestellt und bislang noch nicht wieder aufgenommen.
Die elektrische Post bis in die 1970er Jahre
Mehr als einhundert Jahre lang waren in der Köpenicker Straße 131/132 die Fahrzeuge der Post untergebracht, zuerst Fuhrwerke und rund 650 Pferde.
Später waren hier Kraftwagen stationiert, die bis in die 1970er Jahre hinein elektrisch betrieben wurden. Davon zeugt noch heute die historische Generatorenhalle, die, so ist es im Städtebaulichen Vertrag vereinbart, erhalten bleiben soll und einen öffentlich zugänglichen Ausstellungsbereich bekommt.

Auch das historische Pförtnerhaus soll saniert und das Brückenhaus als Nachbildung wieder aufgebaut werden. Zudem soll eine öffentlich zugängliche Ausstellung auf dem Grundstück die Historie des Grundstücks vermitteln, ebenso der Wiederaufbau der mit Postmotiven geschmückte Remisenfassade.
Das Gelände soll in funktionaler Mischung neu bebaut werden, ursprünglich waren knapp 200 Wohnungen vorgesehen.
260 neue Wohnungen?
Im Städtebaulichen Vertrag sind außerdem eine öffentliche Durchwegung und der Bau eines öffentlich nutzbaren Spielplatzes vereinbart, ein Teil der Wohnungen soll für soziale Träger vorbehalten sein. Der Wohnanteil hat sich zuletzt sogar auf nahezu 260 Wohneinheiten erhöht, im vergangenen Jahr hat der Bezirk einer entsprechenden Änderung der Baugenehmigung und der sanierungsrechtlichen Genehmigung zugestimmt.
Doch trotz dieser Anpassung an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind die Bauarbeiten nicht wieder aufgenommen worden. Kaum zu vermarkten wären derzeit vermutlich die Büros in der Generatorenhalle und die in dem geplanten Bürohaus auf dem Hinterhof des Geländes nördlich der Generatorenhalle.
In Charlottenburg hat die Familie des Investors bereits positive Erfahrungen mit der Entwicklung von großen Anlagen mit neugebauten Eigentumswohnungen gesammelt. Vor allem in Irland und im Vereinigten Königreich ist der Investor in erster Linie im Wohnungsbau aktiv.
Was stoppt den Weiterbau?
Die Wirtschaftskrise hat zwar auch Großbritannien erfasst, weit weniger aber Irland, dessen Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner nach Jahrzehnten des Booms ungefähr auf dem Niveau der Schweiz angekommen ist: es ist etwa doppelt so hoch wie das deutsche oder das des Vereinigten Königreiches. In Irland herrscht ein dramatischer Wohnungsmangel.

Akut von der Insolvenz bedroht ist dieser Investor also wohl nicht, die irische Mutterfirma müsste eigentlich über ausreichende Rücklagen verfügen. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass sie sich aus Deutschland wieder zurückzieht und das Grundstück an der Köpenicker Straße verkauft:
Entsprechende Gerüchte sind immer wieder im Umlauf. Das würde jedoch ein Problem aufwerfen. Denn das Sanierungsgebiet Nördliche Luisenstadt wird im kommenden Jahr ja bekanntlich aufgehoben. Das ändert aber zunächst nichts an der rechtlichen Verbindlichkeit des Städtebaulichen Vertrages, der auch für einen neuen Eigentümer bindend ist.
Sanierungsziele entschwinden
Doch die konkretisierten Sanierungsziele im Gebiet Luisenstadt (Mitte) verlieren mit dem Ende des Sanierungsgebietes rechtlich ihre Bedeutung. Diese sind aber in den städtebaulichen Vertrag eingeflossen, da sie im Prozess der Aushandlung die Position des Bezirkes begründeten.
Wenn ein neuer Eigentümer nach der Aufhebung des Sanierungsgebietes also einen neuen Versuch mit einen veränderten Bauantrag starten würde, könnte der Bezirk sich nicht mehr auf diese Sanierungsziele berufen, so wie er es aktuell tat, als der Erhöhung des Wohnanteils zustimmte.
Ob so ein städtebaulicher Vertrag also dazu dienen kann, Sanierungsziele danach auch über längere Zeiträume hinweg zu bewahren, kann derzeit keiner so genau sagen. Die Verwaltungsgerichte hatten in letzter Zeit in ähnlichen Angelegenheiten jedenfalls oft andere Rechtsauffassungen als der Bezirk Mitte.
Fehlt ein Bebauungsplan?
Anders wäre es natürlich, wenn man die wichtigsten Inhalte des städtebaulichen Vertrages mit einem Bebauungsplan absichert. Dieser besitzt nämlich eine nicht zu bestreitende rechtliche Verbindlichkeit über die Zeit hinweg.
Mit Hilfe von Bebauungsplänen hat das Land Berlin in den letzten zehn Jahren gemeinsam mit privaten Investoren im »Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung« in fast hundert Projekten mehr als 40.000 neue Wohnungen entwickelt.
Quelle: cs in der ecke köpenicker No 4 September Oktober 2025
Foto oben: Baustelle Postfuhramt von Ch. Eckelt
Mehr:
- Weitere Städtebauliche Verträge in der Luisenstadt
- Das Postfuhramt im Blog seit 2012
- Das Postfuhramt wird Post Yard?
- Postfuhramt 2022 – Fotogalerie
- Postfuhramt 2013: Lost Place is lost

ecke köpenicker No 4 September Oktober 2025 – Lesen/Herunterladen
Alle ecken seit der Erstausgabe hier in unserem Blog
Und es gibt weitere ecken in anderen Mitte-Sanierungsgebieten:
